Berlins alternative Seite entdecken

Bunte Streetart und alternative Szene in Berlin-Kreuzberg

Berlin ist viel mehr als Brandenburger Tor, Fernsehturm und Reichstag. Die deutsche Hauptstadt hat eine pulsierende alternative Szene, die weit über die Touristenpfade hinausgeht. In diesem Artikel nehmen wir Sie mit auf eine Reise durch Berlins Untergrund, zu versteckten Kunstgalerien, bunter Streetart, einzigartigen Märkten und angesagten Cafés. Entdecken Sie die kreative, subkulturelle Seite Berlins, die die Stadt zu einem der spannendsten Reiseziele Europas macht.

Die Kieze: Berlins lebendige Nachbarschaften

Um Berlin wirklich kennenzulernen, muss man seine verschiedenen "Kieze" (Nachbarschaften) erkunden, jeder mit seinem eigenen Charakter und versteckten Schätzen.

Kreuzberg: Berlins rebellisches Herz

Kreuzberg war schon immer das Zentrum der alternativen Szene Berlins. Einst im Schatten der Berliner Mauer gelegen, zog der Bezirk in den 1970er und 80er Jahren Künstler, Aktivisten und Freigeister an. Heute ist Kreuzberg ein lebendiger Schmelztiegel aus Kulturen, Kunstformen und kulinarischen Angeboten.

Im westlichen Teil von Kreuzberg (früher "Kreuzberg 61" genannt) finden Sie elegante Altbauten und charmante Straßencafés, besonders rund um den idyllischen Bergmannkiez. Im östlichen Teil ("Kreuzberg 36"), insbesondere um das Schlesische Tor und den Görlitzer Park, erleben Sie das multikulturelle Berlin mit türkischen Märkten, alternativen Kunstprojekten und einem pulsierenden Nachtleben.

Highlights in Kreuzberg:

  • Das RAW-Gelände – ein ehemaliges Bahnbetriebswerk, das heute Clubs, Bars, Galerien und einen beliebten Flohmarkt beherbergt
  • Die Admiralbrücke am Landwehrkanal – ein beliebter Treffpunkt für Straßenmusiker und Einheimische an warmen Sommerabenden
  • Der Prinzessinnengarten – ein urbaner Gemeinschaftsgarten, der Nachhaltigkeit und Community-Building fördert

Geheimtipp: Besuchen Sie die Markthalle Neun, besonders am Donnerstagabend zum "Street Food Thursday", wo lokale und internationale Köche ihre kulinarischen Kreationen anbieten.

Friedrichshain: Zwischen Party und Protest

Friedrichshain, oft zusammen mit Kreuzberg betrachtet (als Bezirk "Friedrichshain-Kreuzberg"), hat sich von einem Arbeiterviertel im Ostteil der Stadt zu einem der angesagtesten Bezirke Berlins entwickelt. Hier findet die legendäre Berliner Clubszene ihr Zuhause, während gleichzeitig der Protest gegen Gentrifizierung laut bleibt.

Die Simon-Dach-Straße und der Boxhagener Platz sind die Zentren des Nachtlebens mit zahlreichen Bars, Restaurants und Cafés. An der Warschauer Straße befindet sich die East Side Gallery, der längste erhaltene Teil der Berliner Mauer, der heute eine Open-Air-Galerie für Streetart ist.

Nicht verpassen sollten Sie:

  • Den Boxhagener Platz Flohmarkt am Sonntag – ein authentischer Berliner Flohmarkt
  • Die Urban Spree Galerie – ein Zentrum für zeitgenössische Kunst und Kultur
  • Das RAW-Gelände mit seinen vielfältigen Veranstaltungsorten wie Cassiopeia und Suicide Circus

Insider-Tipp: Auf dem Dach der alten Eisfabrik in der Köpenicker Straße befindet sich ein versteckter Garten mit Blick auf die Spree – ein magischer Ort für Sonnenuntergänge.

Neukölln: Von "Problembezirk" zum Hipster-Paradies

Neukölln hat in den letzten Jahren den wohl dramatischsten Wandel aller Berliner Bezirke erlebt. Einst als "Problembezirk" stigmatisiert, hat sich Neukölln zu einem der kreativsten und multikulturellsten Viertel der Stadt entwickelt. Besonders der nördliche Teil um die Weserstraße und den Schillerkiez zieht internationale Kreative, Künstler und Studierende an.

Die Hermannstraße und Karl-Marx-Straße spiegeln mit ihren türkischen und arabischen Geschäften, Bäckereien und Restaurants die multikulturelle Identität des Bezirks wider. Gleichzeitig finden Sie in den Seitenstraßen trendige Cafés, Bars und kleine Designer-Boutiquen.

Empfehlenswert in Neukölln:

  • Der Klunkerkranich – eine urbane Gartenterrasse auf dem Dach eines Einkaufszentrums mit Bar, Konzerten und atemberaubendem Panoramablick
  • Die 48 Stunden Neukölln – ein jährliches Kunstfestival, bei dem Künstler ihre Ateliers und Wohnungen für Besucher öffnen
  • Der Körnerpark – eine versteckte grüne Oase mit neobarockem Flair, Café und Kunstgalerie

Geheimtipp: Erkunden Sie das Schillerkiez-Viertel am Rande des ehemaligen Flughafens Tempelhof, heute ein riesiger öffentlicher Park, wo Berliner grillen, gärtnern, Sport treiben oder einfach entspannen.

Berlins Streetart-Szene: Kunst für alle

Berlin gilt als eine der Streetart-Hauptstädte der Welt. Die Mauern der Stadt dienen als Leinwand für lokale und internationale Künstler, die ihre Botschaften, Träume und Visionen teilen.

Von politischen Statements zu urbanen Kunstwerken

Die Geschichte der Berliner Streetart ist eng mit der Geschichte der Stadt verbunden. Während des Kalten Krieges war die Westseite der Berliner Mauer mit Graffiti und politischen Botschaften bedeckt, während die Ostseite weiß und unberührt blieb. Nach dem Mauerfall explodierte die Streetart-Szene, als Künstler aus aller Welt in die Stadt strömten, angezogen von günstigen Mieten und kreativer Freiheit.

Heute ist Streetart in Berlin mehr als nur Graffiti. Von detaillierten Wandgemälden und Stencils bis hin zu Installationen und Papierskulpturen – die Vielfalt der urbanen Kunst ist beeindruckend.

Die besten Streetart-Hotspots

Folgende Orte sollten Sie nicht verpassen, wenn Sie Berlins Streetart entdecken möchten:

  • East Side Gallery (Friedrichshain): Der längste erhaltene Teil der Berliner Mauer mit 105 Gemälden internationaler Künstler.
  • Dircksenstraße (Mitte): Eine lange Mauer nahe dem Alexanderplatz, die regelmäßig mit neuen Werken besprüht wird.
  • Urban Nation (Schöneberg): Ein Museum für urbane Kunst, das regelmäßig Ausstellungen und Workshops veranstaltet.
  • Haus Schwarzenberg (Mitte): Ein versteckter Hof in der Nähe der Hackeschen Höfe mit ständig wechselnder Streetart und dem Anne Frank Zentrum.
  • Kreuzberg und Friedrichshain: Ganze Straßenzüge sind hier mit Graffiti, Stencils und Paste-Ups verziert. Besonders lohnenswert ist ein Spaziergang durch die Falckensteinstraße und die Umgebung des Schlesischen Tors.

Insider-Tipp: Nehmen Sie an einer geführten Streetart-Tour teil. Lokale Künstler und Experten zeigen Ihnen versteckte Werke und erklären die Geschichte und Bedeutung hinter den Kunstwerken.

Berlins alternative Märkte und Shopping

Berlin ist ein Paradies für alle, die einzigartige, handgemachte oder Vintage-Schätze suchen. Vergessen Sie die großen Einkaufszentren und Haupteinkaufsstraßen – die wahren Schätze finden Sie auf Berlins Flohmärkten und in kleinen, unabhängigen Läden.

Die besten Flohmärkte

Flohmärkte sind ein fester Bestandteil der Berliner Kultur. An fast jedem Wochenende finden irgendwo in der Stadt Märkte statt, wo Sie von Vintage-Kleidung und Schallplatten bis hin zu Antiquitäten und handgemachtem Schmuck alles finden können.

  • Mauerpark Flohmarkt (Prenzlauer Berg, sonntags): Der wohl bekannteste Flohmarkt Berlins. Nach dem Stöbern können Sie sich im angrenzenden Park entspannen oder das berühmte Karaoke im Amphitheater erleben.
  • Flohmarkt am Boxhagener Platz (Friedrichshain, sonntags): Ein kleinerer, authentischerer Markt mit weniger Touristen.
  • Nowkoelln Flowmarkt (Neukölln, am Maybachufer, jeden zweiten Sonntag): Ein hipster-geprägter Markt mit viel Handgemachtem und Vintage-Kleidung.
  • RAW Flohmarkt (Friedrichshain, sonntags): Im Herzen des alternativen Kulturgeländes bietet dieser Markt eine Mischung aus Vintage, Kunst und Streetfood.

Wichtig zu wissen: Auf Berliner Flohmärkten wird oft gehandelt. Ein freundliches Feilschen gehört dazu, besonders bei teureren Artikeln.

Unabhängige Designer und Concept Stores

Berlins kreative Szene bringt ständig neue Designer und innovative Konzepte hervor. Hier einige empfehlenswerte Adressen:

  • Voo Store (Kreuzberg): In einem ehemaligen Schlachthof präsentiert dieser Concept Store internationale und lokale Mode, Bücher und Designobjekte.
  • Do You Read Me?! (Mitte): Eine kuratierte Auswahl an unabhängigen Magazinen und Kunstbüchern in einem minimalistischen Ambiente.
  • Sing Blackbird (Neukölln): Ein Vintage-Shop mit angeschlossenem veganen Café.
  • Markthalle Neun (Kreuzberg): Neben dem "Street Food Thursday" bietet die renovierte Markthalle auch regelmäßige Märkte mit lokalem Handwerk und Designprodukten.

Geheimtipp: Viele Berliner Designer verkaufen ihre Kreationen direkt aus ihren Ateliers. Halten Sie Ausschau nach "Offene Ateliers" Veranstaltungen, bei denen Künstler und Designer ihre Türen für die Öffentlichkeit öffnen.

Berlins Kaffeekultur: Die dritte Welle

Berlin ist in den letzten Jahren zu einem Zentrum der "Third Wave Coffee"-Bewegung geworden. Unabhängige Röstereien und stilvolle Cafés haben die Qualität und Vielfalt der Kaffeeszene revolutioniert.

Jenseits der Café-Ketten

Das "Third Wave Coffee" steht für eine neue Wertschätzung von Kaffee als Handwerksprodukt, bei dem Herkunft, Röstung und Zubereitung eine zentrale Rolle spielen. In Berlins unabhängigen Cafés werden oft direkte Handelsbeziehungen zu Kaffeebauern gepflegt und die Bohnen vor Ort geröstet.

Empfehlenswerte Cafés abseits der Touristenpfade:

  • The Barn (Mitte und Prenzlauer Berg): Einer der Pioniere der Berliner Kaffeeröster-Szene mit minimalistischem Design und exzellenten Specialty Coffees.
  • Bonanza Coffee Heroes (Prenzlauer Berg): In einer ruhigen Seitenstraße gelegen, bietet dieses gemütliche Café sorgfältig ausgewählte und geröstete Kaffeesorten.
  • Five Elephant (Kreuzberg): Bekannt für seinen köstlichen Cheesecake und herausragenden Kaffee. Die Rösterei ist gleich nebenan.
  • Chapter One (Neukölln): Ein verstecktes Café in einem Hinterhof, das Kaffee, Bücher und soziales Engagement verbindet.

Insider-Tipp: Viele dieser Cafés bieten auch Workshops an, in denen Sie mehr über Kaffeeröstung, verschiedene Brühmethoden oder Latte Art lernen können.

Arbeitsplätze mit Atmosphäre: Berlins Co-Working-Cafés

Berlin hat eine große Community von Freiberuflern, Kreativen und digitalen Nomaden. Dies hat zur Entstehung einer neuen Generation von Cafés geführt, die mehr als nur Kaffee anbieten – sie sind Arbeitsplätze, Treffpunkte und kreative Hubs.

Empfehlenswerte Co-Working-Cafés:

  • Betahaus Café (Kreuzberg): Teil eines größeren Co-Working-Spaces, aber für alle zugänglich. Hier treffen sich Berliner Kreative und Unternehmer.
  • St. Oberholz (Mitte): Ein Berliner Klassiker und einer der ersten Orte, der Laptop-Arbeiten willkommen hieß. An den Tischen dieses Cafés wurden schon einige erfolgreiche Start-ups gegründet.
  • Kaschk (Mitte): Tagsüber Café, abends Bar mit Craft Beer und Shuffleboard.

Tipp: Achten Sie auf die Etikette in Berliner Cafés. In einigen sind Laptops willkommen, in anderen werden sie – besonders zu Stoßzeiten – nicht gerne gesehen. Fragen Sie im Zweifel nach.

Berlins alternative Kulturszene

Berlins freie Kulturszene ist legendär. Von selbstverwalteten Kunsträumen bis hin zu temporären Projekten – hier findet Kultur oft jenseits etablierter Institutionen statt.

Kreative Räume und Kulturzentren

In Berlin haben Künstler und Kreative immer wieder leerstehende Gebäude in lebendige Kulturzentren verwandelt. Einige dieser Projekte haben sich langfristig etabliert:

  • Holzmarkt (Friedrichshain): Ein kreatives Dorf am Spreeufer mit Bars, Restaurants, Ateliers und Veranstaltungsräumen. Gegründet von den Betreibern des legendären, inzwischen geschlossenen Clubs Bar25.
  • YAAM (Friedrichshain): Das "Young African Art Market" kombiniert Strand, Musik und karibische Küche und ist ein wichtiger Ort für die afrikanische Community Berlins.
  • Köpi (Mitte): Ein legendäres autonomes Wohnprojekt und Kulturzentrum, das seit den 1990er Jahren besteht und Konzerte, Filmvorführungen und politische Veranstaltungen organisiert.
  • Kulturfabrik Moabit: Ein ehemaliges Industriegelände, das heute Ateliers, Werkstätten und Veranstaltungsräume beherbergt.

Tipp: Viele dieser Orte haben ihre eigenen Regeln und eine spezielle Atmosphäre. Respektieren Sie die lokale Community und deren Räume.

Underground-Veranstaltungen und Partys

Berlin ist berühmt für sein Nachtleben, aber die spannendsten Partys und Veranstaltungen finden oft nicht in den bekannten Clubs statt, sondern an temporären Locations oder in geheimen Venues.

Wie findet man diese Events?

  • Folgen Sie lokalen Veranstaltern und Kollektiven auf sozialen Medien
  • Achten Sie auf Flyer in Bars, Cafés und Plattenläden
  • Websites wie Resident Advisor listen auch kleinere, ungewöhnliche Veranstaltungen
  • Sprechen Sie mit Einheimischen – Berliner wissen oft, wo die interessantesten Events stattfinden

Geheimtipp: Sonntagabend ist in Berlin oft die beste Zeit zum Ausgehen. Viele Clubs veranstalten dann ihre spannendsten Partys, die bis in den Montagmorgen dauern können.

5 Tipps, um Berlins alternative Seite zu entdecken

  1. Verlassen Sie Ihren Reiseführer. Die spannendsten Orte Berlins stehen oft in keinem Reiseführer. Vertrauen Sie Ihrem Instinkt und folgen Sie Ihrer Neugier – einige der besten Entdeckungen macht man, wenn man einfach ziellos durch die Straßen schlendert.
  2. Nutzen Sie die öffentlichen Verkehrsmittel. Berlins U-Bahn, S-Bahn, Bus- und Straßenbahnnetz ist hervorragend und bringt Sie auch in entlegenere Viertel. Eine Tageskarte kostet weniger als ein einzelnes Taxi und gibt Ihnen die Freiheit, die Stadt wirklich zu erkunden.
  3. Nehmen Sie sich Zeit. Berlin ist keine Stadt der offensichtlichen Schönheit wie Paris oder Rom. Die Faszination Berlins erschließt sich oft erst auf den zweiten Blick. Nehmen Sie sich die Zeit, in den verschiedenen Vierteln zu verweilen und die Atmosphäre auf sich wirken zu lassen.
  4. Sprechen Sie mit Einheimischen. Berliner sind oft offen und hilfsbereit und teilen gerne ihre Geheimtipps mit interessierten Besuchern. In Bars, Cafés oder auf Flohmärkten ergeben sich oft spannende Gespräche.
  5. Seien Sie offen für das Unerwartete. Berlin ist eine Stadt der Überraschungen und Kontraste. Was auf den ersten Blick unattraktiv oder uninteressant erscheint, kann sich als kulturelles Juwel entpuppen. Ein unscheinbarer Hinterhof könnte ein faszinierendes Atelier verbergen, ein schäbig wirkendes Gebäude einen angesagten Club.

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